Hamburg, 1. August 2001
Liebe Freunde! Nun ist Projekt Lubutka schon 12 Jahre alt. Am 24 März hatten wir die Jahresversammlung Lubutka - Hilfe e.V. gehabt. Unter anderem müssten wir den Vorschlag Lubutka - Hilfe aufzulösen diskutieren. Denn einige von uns haben nach der letzten Entwicklungen in Monino Zweifel bekommen, ob unsere Unterstützung der Menschen in Monino noch sinnvoll und mit der Satzungszielen unseres Vereines zu vereinbaren ist. Die Postpionierphase der Entwicklung des Projektes Lubutka ist in der sozialen Hinsicht eher bescheiden ausgehfahlen. Wir müssen feststellen, dass die ganze menschliche Wärme, die jeden an diesem Ort immer so positiv überrascht, mitgerissen und inspiriert hat, hat den Moninobewohner nicht geholfen in dem Prozess des sozialen Werdens zwischen Individualisierung und Gemeinschaftsimpulsentwicklung die goldene Mitte zu finden. Nun ist Lubutka, wie es Dieter Hornemann, Christengemeinschaftspriester aus Stuttgart, der gut Monino durch die internationale Jugendtagungen der Christengemeinschaft, die er da organisiert hat, kennt, positiv ausgedrückt hat "zu einer gesunden Grosse geschrumpft". Wie Sie schon aus unseren letzten Brief erfahren haben, vor Allem wegen sozialen Differenzen haben Ariadna im Herbst und dann Geyers im Winter Monino verlassen. Und jetzt von den vollverantwortlichen Bewohner sind da nur Familie von Mascha und Wlad, die allein durch zwei eigene Kleinkinder schon ziemlich belastet ist, so wie die kranke Aljona geblieben. Richtig bewundernswert finde ich ihr Mut weiter zu machen. Man muss sich das immer wieder richtig bildlich vorstellen können, Monino ist im gewissen Sinne ein richtiges Insel mitten in der Wildnis, weit weg von der wirklichen Zivilisation. Man fühlt sich da von dem sonstigen sozialen und kulturellen Weltgeschehen richtig abgeschlossen. Und ohne jegliche Aufbauarbeit und Betreuung ist man da vom dem urigen Alltag, der zum Teil mit den Arbeiten verbunden ist, die wir hier seit einem Jahrhundert oder mehr nicht kennen, erfühlt und häufig auch durchaus ausgelastet, vor allem im Winter... Auf der Versammlung im März müssten wir uns selber gegenüber einräumen, dass wir momentan keine weitere maßstabvolle Entwicklung in Monino erwarten können und manche Umstände eher als wenig unterstützungswürdige betrachten müssen. Jedoch schien uns viel wichtiger die Tatsache im Auge zu behalten, dass Monino bei recht harten und häufig widerstrebende Umständen, nach wie vor einem ernsthaften Anzahl von Jugendlichen und werdenden Erwachsenen, eine Hülle, ein Zuhause, eine Existenz- und Entwicklungs-Möglichkeiten bittet. Und wenn wir aus unserem deutschen Blickwinkel manches im Lubutkasalltag bemängeln oder gar als trauriges Scheitern beschreiben würden, können wir nicht sie nicht bewundern, ihre kleine und große Erfolge nicht anerkennen. Noch weniger können wir uns vorstellen sich aus der Mitverantwortung zu ziehen und diesen mutigen, wenn auch nicht immer erfolgreichen, Menschen, ihren Schützlingen und "Mitläufern" in der Zukunft unsere finanzielle Unterstützung (eine Hilfe, die für sie so gut wie fast die ganze Lebensgrundlage bedeutet) zu verweigern, aus dem Grund, dass nur ein Teil der großen Projekten sich verwirklichen ließ. Der Ort - Monino hat nach wie vor eine sehr wichtige Funktion. Und jeder der russischen Alltag kennt, weiß was es für ein Segen für die Betreute und "Mittleufäher" ist, dass sie so ein Schützoase haben. Moninobewohner und wir hoffen auch auf Ihre weitere Unterstützung. Die Umstände in Monino sind doch ziemlich komplex, so wollen Moninoer Ihnen eine Gelegenheit bitten, selber die schönen und die problematischen Seiten des Lubutkasdasein selber zu erleben und laden Sie zum gemeinsamen Silvester- und russische Weihnachtenfeiern nach Monino ein. Außerdem haben wir gedacht, dass es vielleicht schön sein kann dieses Mal größere Abschnitten aus den Briefen und Rechenschaftsberichten in diesen Rundbrief mitrein zu nehmen, besonders unter der Betracht der Tatsache, dass dieser Rundbrief länger auf sich warten ließ. So können Sie sich möglichst vielseitigen Bild von dem Alltag, manchen Ereignissen, so wie authentische Betrachtungsweise der Moninobewohner verschaffen. Mit freundlichen Grüssen Arseni. |
Liebe Spender, Nach einer Zeit, in der Ihr Kontakt zu Monino fast ausschließlich über die Lubutka-Hilfe erfolgte, haben die Menschen aus Monino die Idee gehabt, einmal direkt mit Ihnen in Kontakt zu treten, indem sie Sie zu sich einladen und Ihnen die Möglichkeit geben, selbst zu erfahren und zu sehen, worum es in Monino geht. Die überlegung ist, in der orthodoxen Vorweihnachtszeit (1. - 7. Januar 2002) ein kleines Seminar miteinander durchzuführen. Die Menschen dort halten es im Moment für wichtig, gemeinsam etwas zu tun, anstatt immer nur über die Probleme zu reden. Als Thema schlagen sie deshalb vor, an folgenden Fragen zu arbeiten: Was ist eine Gemeinschaft? Wie entwickelt sie sich? Wie verhält es sich mit Gemeinschaften in der Welt? Für die Seminarleitung hat sich Sergej Miljutin bereit erklärt. Sergej Miljutin arbeitet am Waldorferzieherseminar in Moskau. Diese Einladung schreibe ich im Auftrag von Mischa Starostin. Bei Interesse und Fragen melden Sie sich bitte bei Sternia Böttcher, Schützenstr. 24, 48143 Münster |
Als Mascha und Vlad im Winter zur Geburt ihres zweiten Sohnes Matwej in Moskau waren, hat Boris eine Zeit (Februar) in Monino eingehütet. Da man draußen nicht arbeiten konnte und Marina sich um den Haushalt gekümmert hat, konnte Boris seine Beobachtungen niederschreiben. Hier einige Ausschnitte: Gestern nach "five o'clock" machten wir Mathematik. Marina hat schon früher unter 10 im Kopf addieren gelernt, bis zur 100 schriftlich.
Als Kirill in der Malstunde automatisch seine gewöhnlichen Kreise malt, setze ich mich dicht an ihn und versuche den Wachsstift frei, ganz frei über das Blatt zu bewegen. Ich kann es nicht - ich versuche es nur.
Nach dem zweiten Unterricht sagt mir Edik: "Es ist gut. Viel besser ist es so, wenn man immer neue Ideen gibt."
Edik bedauert, dass der im Herbst ausgesäte Knoblauch verfault ist: Der Boden war kaum gefroren. Etwas Positives findet er aber immer: Weil so warmes Wetter ist, kann er schon anfangen, ein Treibhaus zu bauen. Er ist sehr stolz, dass er im letzten Sommer das ganze Dorf mit eigenen Gurken versorgt hat, so dass keiner dafür Geld vergeuden musste. Unsere Gespräche: Edik: Heute erhöht sich der Luftdruck.
Unsere Jugendlichen müssen lernen, lernen und lernen. Aber mit ihren Pflegern klappt es nicht. Und wie sollte es klappen, wenn es sogar mit einem Klassenlehrer nicht mehr klappt - in der Schule, wo Kinder nur einige Stunden verbringen, nicht Tag und Nacht. Weh uns...
Aber alles schaffen sie nicht. Einmal kommt Edik zu spät zum Abendbrot - wir haben schon gegessen. "Kein Essen mehr da, alles alle," sagt Marina ruhig. äußerlich befriedigt trinkt Edik nur Tee mit uns und geht. Dann sage ich zu Marina: "Ich würde ihm an deiner Stelle wenigstens ein paar belegte Brote machen."
Edik sagt: Als ich in "Smetana" (ein anderes Heim) war, habe ich Vieles verstand. |
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