Monino Rundbriefe

Langenberg, im Februar 2004

Liebe Freunde!

Es ist nun schon lange her, dass Sie von uns einen Rundbrief über Monino erhalten haben. In der Zwischenzeit hat sich sowohl bei uns Deutschen als auch in Monino einiges verändert. Obwohl wir immer wieder junge Menschen mit nach Monino genommen haben, ist in Deutschland noch keine neue Generation von jungen Menschen entstanden, die die Betreuung von Monino unterstützen würde.

In Monino dagegen hat sich in diesen Jahren ein Kreis von etwa zwanzigjährigen Moskauern gebildet (darunter viele ehemalige Schüler des ersten Durchgangs der Waldorfschule Moskau), die sich für die Gestaltung des kulturellen Lebens in Monino mitverantwortlich fühlen und möglichst viel Zeit neben ihrem Studium in Monino verbringen. Außerdem sind Mischa und Olga Starostin sowohl durch ihren Umzug nach Monino als auch auf wiederholten Reisen nach Deutschland sehr aktiv für Monino geworden.

Die Menschen in Monino bewältigen ihren wirtschaftlichen Alltag weiterhin zu einem großen Teil aus den Spenden der Lubutka-Hilfe. Sie und wir möchten uns deshalb ganz besonders bei den Spendern bedanken, die uns trotz der spärlichen Information die Treue gehalten haben.

Im Folgenden möchte ich versuchen, einen Überblick über die Entwicklungen und Aktivitäten zu geben, die inzwischen in Monino stattgefunden haben und stattfinden.

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Die Bewohner von Monino teilen sich in verschiedene Gruppen auf.

Mascha und Wlad mit ihren Söhnen Nikola (5) und Matwej (3), ihrer Pflegetochter Tusja (die inzwischen 7 Jahre alt ist und deswegen nicht mehr mit ihrem Kleinkindernamen, sondern mit ihrem richtigen Namen Natascha angesprochen wird) und dem Adoptivsohn Kirjuscha (24) bilden die Kernfamilie von Monino.

Seit Herbst 2003 leben Mischa und Olga Starostin zunächst für ein Jahr als Lehrer und Kindergärtnerin dort. Zu den Mitverantwortlichen, monatsweise in Monino lebenden, gehören Boris Starostin und Igor Worotnikow.

Uljana Sulimowa lebt seit Sommer 2003 ständig in Monino. Sie ist manisch-depressiv und ist je nach Verfassung zeitweise verantwortlich für bestimmte Aufgaben, zeitweise betreut.

Alona lebt weiterhin in den Sommermonaten in Monino. Die Zusammenarbeit ist schon lange zum Erliegen gekommen, die Beziehungen beschränken sich auf Nachbarschaftshilfe. Leider wird das Zusammenleben im Dorf immer wieder durch Intrigen von Alonas Seite getrübt. Alona hat einen jungen Mann, Igor, bei sich aufgenommen, der Anfang der 90er Jahre durch sie wegen Diebstahls ins Gefängnis kam. Bei ihr lebt auch meistens der Ex-Mann von Nelka, Sergej, der als Briefträger Geld verdient und sich auf seine Weise um sein Kind kümmert.

Von den 6 vor 11 Jahren aufgenommenen Internatsjugendlichen leben noch 3 ständig in Monino, Oksana, Lis und Nelka mit ihrem Sohn Tjoma (bald 5). Sie gehören jedoch nicht mehr zur Gemeinschaft, sondern haben sich für ein Leben mit eigenen Bezugspersonen entschieden. Die Häuser können sie weiterhin bewohnen. Für ihren Unterhalt steht ihnen ihre bescheidene Rente zu Verfügung. Geld verdienen können sie entweder außerhalb Moninos oder durch die verantwortliche Übernahme von Gemeinschaftsaufgaben in Monino, wie z. B. Heubereitung, Tierpflege, Brennholzbeschaffung, wobei sie sich für letzteres nicht entscheiden konnten. (Unter den gleichen Bedingungen lebt im Moment noch Vitalik dort.)

Edik hat geheiratet. Er lebt seit diesem Herbst den Winter über mit seiner Frau (Shenja)und zwei angenommenen Kindern (Tjoma (8) und Sina (6)) in Moskau und ist den Sommer über für den Gemüsebau in Monino verantwortlich. Diese Aufgabe führt er sehr gewisenhaft und erfolgreich aus.

Lilka ist Anfang 2002 gestorben.

Marina hat im Sommer 2003 geheiratet und lebt nun mit ihrem Mann (auch ehemaliger Internatsbewohner, der als Handwerker und als Wächter ausreichend Geld verdient, um seine Familie zu ernähren) und der im Februar 2004 geborenen Tochter Ira in einer Datschensiedlung in der Nähe von Moskau. Dort wird sie von 3 mit Monino verbundenen Frauen regelmäßig besucht und betreut.

Hier haben sich also deutliche Veränderungen ergeben.

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Wichtige Aktivitäten sind neben dem mühsamen Alltag der Kindergarten, der Schulbau und Schulunterricht.

Mascha, die seit 3 Jahren in Blockkursen am Moskauer Erzieherseminar die Ausbildung zur Waldorfkindergärtnerin macht (Abschluss April 2004) hat den Kindergarten im Moment an Olga abgegeben, da er zur Zeit nur von ihren eigenen Kindern besucht wird. In den Sommermonaten bestand die Gruppe teilweise aus 8 Kindern. (Nelka kann sich leider nicht entschließen, ihren Sohn Tjoma regelmäßig in den Kindergarten zu schicken.)

Natascha ist im September 2003 zunächst für zwei Monate in die Moskauer Waldorfschule eingeschult worden. Dadurch bekam sie einen guten Start und Eindruck davon, was eine Schule ist. Seit November geht sie in Monino zur Schule und wird hauptsächlich von Mischa unterrichtet. Dazu ein Zitat aus einem Bericht von Mischa:

"Im November hat die Schule in Monino begonnen. Zur Zeit ist es die kleinste Schule der Welt: ein Lehrer und eine Schülerin. Das Schulzeugnis wird für sie von der Schule im Nachbardorf ausgestellt. Übrigens im Nachbardorf (5 km entfernt) gibt es ebenfalls nur einen Schüler und einen Lehrer in der ersten Klasse. [In der zweiten Klasse sind es zwei Schüler in der dritten ist es einer.] Bei dem heutigen Zustand unserer Straße braucht man mit dem Auto im Sommer mindestens eine halbe Stunde, um die Nachbarschule zu erreichen, im Herbst und Frühjahr eine dreiviertel Stunde und im Winter kommt man oft gar nicht durch. Eine eigene Schule in Monino haben wir deshalb gegründet, weil es sich bei der im Nachbardorf um eine Schule im alte sowjetischen Stil handelt. Wir hoffen, ihre Kinder für bestimmte Veranstaltungen in unserer Schule begeistern zu können. Zeitweile gab es jetzt schon den einen oder anderen Gastschüler in unserer Schule: Kinder aus Familien, die uns für ein bis zwei Monate helfen kamen. Das Vorhandensein der Schule in Monino hat in diesen Fällen die längeren Aufenthalte von Helfern ermöglicht. Wir hoffen, dass unsere Schule sich in Zukunft positiv auf die Vergrösserung von Monino auswirken wird."

Mit dem Bau einer neuen Schule wurde im Sommer 2002 begonnen. Er wurde einerseits möglich durch gezielte Spenden eines Münchener Kreises von Menschen und andererseits durch die selbständige Hilfe vieler Moskauer Helfer. 2002 wurden die Fundamente und der Srub (der Blockbau) sowie das Dach fertiggestellt. 2003 wurde das Haus isoliert, Türen und Fenster eingesetzt und ein Ofen gebaut. Außer der Herstellung der Fensterrahmen wurde alles in Eigenleistung gebaut. Am 26. Januar 2004 fand die Menschenweihehandlung durch einen Priester der Christengemeinschaft (im Warmen!) statt.

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In diesem Winter sind die schon lange gehegten Überlegungen, neue Betreute aufzunehmen und möglichst auch Geld für die dadurch entstehenden Arbeiten und Kosten zu bekommen, durch die langfristige Anwesenheit von Mischa und Olga und die kurzfristige Anwesenheit von Jugendlichen aus Moskau realistisch geworden. Im Januar waren der 15jährige Ilja und der eineinhalbjährige schwerbehinderte Nikita für zwei Wochen zur Probe in Monino. Noch laufen die Gespräche, für welche Zeiträume die beiden in Monino, bzw. bei den Eltern oder Großeltern betreut werden sollen. Die Vermittlung läuft über das Heilpädagogische Zentrum in Moskau, das offensichtlich noch mehr Bedarf angemeldet hat. Dazu Mischa:

"Im März 2004 planen wir zwei nächste Besuche.

Das Projekt scheint perspektivvoll zu sein. Einerseits werden die Eltern, der behinderten Kindern, unterstützt. Da die Kinder immer Möglichkeit haben nach Monino für einen oder mehrere Monate zu Besuch zu kommen und ihre Eltern können "Ferien" haben, finden die Eltern Kräfte sich weiter um ihre Kinder zu kümmern. Anderseits bietet Monino gerade das, was solchen Kinder fällt: lebendige Natur, gesunde ländliche Umgebung, absolut frei von modernen westlichen hocheinsteckenden "Krankheiten" - Computer, Fernsehen, Hektik der riesigen Stadt u. ä. Auch für Monino ist es eine Möglichkeit in der Zukunft eigene materielle Grundlage zu schaffen.

Wir haben auch Kontakt zum Jugendamt aufgenommen um die Deutschen "schwierige Jugendliche" in Monino einzuladen. Um das Projekt weiter zu entwickeln, müssen wir unsern Alltag verbessern und ein großes Haus (Makarovski-Haus) neu ausstatten und renovieren."

S. a. hier darüber.

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Ein weiteres, nicht so erfreuliches Ereignis beschäftigt die Moninoer im Moment. Dazu noch einmal Mischas Stimme:

"Im Januar 2004 ist Moninos treuer alter Traktor unwiederruflich kaputtgegangen. Diese Tatsache hat auf den üblichen Verlauf des Lebens im Dorf starken Einfluss genommen. Die einzige Strasse, die unser Dorf mit der zivilisierten Welt verbindet, wurde unbefahrbar. Es hat im Januar eine Woche lang so stark gescheit, dass auch unser Pferd nicht mehr durchkam. Die Schneeschicht wurde im Februar 2 m hoch. Unsere beide Autos stehen jetzt im Nachbardorf, das 2 km von Monino entfernt liegt, wo Schneeräumungsarbeiten vorgenommen werden. Bis dahin müssen wir entweder zu Fuß gehen, oder mit dem Pferdeschlitten fahren (der Schnee ist jetzt fest genug, das Pferd zu halten). So wurde das Lebensmitteleinkaufen zu einem tageslangen Unterfangen. Auch die Versorgung Moninos mit Brennholz, das sonst mit Hilfe unseres Traktors aus dem Wald gebracht wurde, wurde zu einem großen Problem."

In die traktorlose Zeit fiel der Aufenthalt von Ilja in Monino. So war er einerseits eine Hilfe bei der mühsamen Brennholzbeschaffung und konnte andererseits wichtige Entwicklungsschritte an dieser Tätigkeit vollziehen.

S. a. hier darüber.

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Es ist wichtig für uns zu sehen, dass in Monino nun langsam Schritte in Richtung finanzieller Selbständigkeit gegangen werden, sei es durch die Aufnahme "bezahlter" Kinder oder sei es durch die aktive Suche nach Spenden, womit sich vor allem Mischa beschäftigt. Auch finanzieren z. B. Igor, Mischa und Olga ihren Lebensunterhalt in Monino größtenteils durch zeitweiliges Arbeiten in Moskau selbst. Dadurch ist natürlich keine kontinuierliche Arbeit vor Ort möglich.

Neben Sommerlagern und Seminaren, die regelmäßig in Monino stattfinden, hat im vergangenen Sommer und über den Jahreswechsel 2003/2004 Martin von Emmichhoven, der 1992 schon einmal in Monino war, musiktherapeutisch mit Kirjuscha gearbeitet. Die Übungen hat Mischa dann in der Zwischenzeit fortgesetzt. Über diese Arbeit möchte Martin in einem nächsten Rundbrief berichten.

Eine weitere Neuigkeit ist die Einrichtung einer Webseite für Monino, auf der Sie unter der Adresse www.earthling.ru Fotos und Berichte aus dem Leben in Monino finden können.

Wir würden auch gerne Rundbriefe per E-Mail versenden, um Spendengelder zu sparen. Wer daran Interesse hat, schicke bitte eine entsprechende Nachricht an Arsenij Vinogradov (arss(@)gmx.de). Sie werden dann von ihm in einen Verteiler aufgenommen.

Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Hilfe!

Sternia Böttcher

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